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- Geschrieben von: Stefanos Tsarouchas
Am 10. Februar wurden in Berlin die Grand Scores 2016 verliehen. Stephen Warbeck war als einer der Juroren bei der Preisvereihung anwesend.
Unser Interview mit Stephen Warbeck beim Berlinale Talent Campus 2006 gibt es hier.
S. Tsarouchas: Wie wichtig ist es für Sie, dass Europäische Komponisten Anerkennung finden?
Stephen Warbeck: Ich denke, es ist sehr wichtig. Es ist aber genau so wichtig, dass Europäische Regisseure, Schauspieler Anerkennung finden. Die gesamte Europäische Filmindustrie braucht jede Unterstützung, die wir ihr geben können.,
S. Tsarouchas: Sie komponieren viel für Französische Filme. Warum?
S. Warbeck: Ich habe Frankreich schon immer gemocht und ich spreche Französisch. Ich habe keine richtige Antwort darauf. Während einer Phase habe ich für einige Spanische Filme gearbeitet. Ich habe nie in Deutschland gearbeitet. Das hat sich so ergeben. In den letzten Jahren habe ich immer an einem Französischen Film pro Jahr gearbeitet und es genossen.
S. Tsarouchas: Was halten Sie vom gegenwärtigen Trend in Hollywood Blockbustern extrem viel Musik zu verwenden. Manchmal habe ich schon den Eindruck, dass wir mehr Musik hören als der Film eigentlich lang ist.
S. Warbeck: Ich glaube, dass hat etwas mit Geschmack und Fashion zu tun. Es gibt Leute, die mögen das und es sieht so aus, als ob manche das auch brauchen. Ich ziehe allerdings weniger Musik vor.
S. Tsarouchas: Wie könnte man Ihrer Meinung nach den Trend zu US-Filmen in Europäischen Kinos brechen? Frankreich hat ein Quotensystem. Ich weiss nicht wie es in Großbritannien ist.
S. Warbeck: Großbritannien ist in einer anderen Position, da wir die gleiche Sprache sprechen. Unsere Kinos werden sicher sehr von Filmen aus den USA dominiert. Es ist gut, wenn wir diese Filme sehen. Sie sind genauso gemocht wie jeder andere Film. Ein Quotensystem in anderen Ländern scheint attraktiv zu sein. Es ist für kleine Kinos sehr schwierig gegen die Verleiher anzugehen, die Filme puschen, die die Kinos füllen. Ich wohne in der Nähe einer kleinen Stadt. Es gibt dort einen Filmliebhaber, dem Kinos gehören. Er zeigt alle großen Amerikanischen filme. Er hat dadurch sein Einkommen, aber ab und zu zeigt er auch einen Französischen Film, den man sonst in Großbritannien vielleicht nicht sehen könnte. Es gibt also auch solche Kinos, aber es stimmt schon, dass wir in der Regel solche Filme nicht sehen. Wir verpassen viel.
S. Tsaoruchas: BBC 3 wird in einer Woche geschlossen (15. Februar 2016, Anm) und wird nur noch Online verfügbar sein. Was halten Sie davon?
S. Warbeck: Nun, ich mache mir weiter Sorgen, was die BBC angeht. Die BBC war eine Institution von großem Wert was Filmemachen, Programme, Nachrichten und andere Sendungen angeht. Ich glaube, es gibt einen Trend dahin zu sagen, wenn etwas kein großer kommerzieller Erfolg ist, dann ist es bedroht. Viele, die heute für große oder unabhängige Filme arbeiten, haben manchmal bei der BBC gelernt oder dort Jahre gearbeitet. Ich glaube auch, dass etwas wie die BBC Filme ermöglicht, die oberflächlich vielleicht nicht kommerziell sind um genügend Unterstützung zu bekommen oder um anständig produziert zu werden.
S. Tsarouchas: Ihr Film MEIN EIN, MEIN ALLES wird am 24. März in Deutschland veröffentlicht. Was können Sie mir zum Film und Ihrer Musik sagen?
S. Warbeck: MEIN EIN, MEIN ALLES ist meine zweite Zusammenarbeit mit der Regisseurin Maïwenn. Der Film hat auf eine Art eine sehr ungewöhnliche Geschichte. Es geht um die Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau, aber ich glaube, die Regisseurin bleibt nicht an der Oberfläche. Sie zeigt uns die Dinge über eine Beziehung, die ich so noch nicht gesehen habe. Es ist schon ein brutaler Blick auf eine Beziehung, die voller Lieber und auch Grausamkeit ist. Vincent Cassel und Emmanuelle Bercot spielen das Paar sehr, sehr gut. Ich mochte die Arbeit an dem Film. In zwei Wochen werden die Césars verliehen und wir sind achtmal nominiert worden, darunter auch für die Musik. Ich hofe sehr, dass wir einige Césars bekommen werden.
S. Tsarouchas: So weit ich mich erinnere, haben Sie ca. 8 Minuten Musik für POLIEZEI (Das ist falsch, es waren mehr!, Anm), Maïwenns ersten Film als Regisseurin komponiert. Wie viel Musik gibt es in ihrem neuen Film?
S. Warbeck: 25, wenn ich mich richtig erinnere. Bei POLIEZEI gab es wenig mehr, aber vielleicht haben Sie recht, das letzte Stück bei POLIEZEI ist 4 oder 5 Minuten lang. In MEIN EIN, MEIN ALLES gibt es mehr Musik und Musik, die mehr im Vordergrund ist. Sie fällt auf. Man darf nicht vergessen, dass jeder Film eigene Anforderungen an die Musik stellt.
S. Tsarouchas: Wird es zu MEIN EIN, MEIN ALLES eine Soundtrackveröffentlichung geben?
S. Warbeck: Wir sprechen zur Zeit darüber. Ich sollte auch noch einmal die Musik durchgehen, um zu entscheiden was wir daraus verwenden könnten.
S. Tsarouchas: Wo haben Sie die Musik aufgenommen?
S. Warbeck: Wir haben die Musik für MEIN EIN, MEIN ALLES in Abbey Road in London aufgenommen.
S. Tsarouchas: Sie sind also nicht nach Prag gegangen.
S. Warbeck: Nein, manchmal gehen wir auch nach Prag, aber für ein kleines Ensemble wie hier, lohnt sich der Aufwand nicht. Die Qualität in London ist sehr gut. Ich habe gerade mit Eric Serra gesprochen. Er wird bald für Musikaufnahmen in Berlin sein. Ich würde das auch gerne mal tun.
S. Tsarouchas: Können Sie etwas zur Musik von MEIN EIN, MEIN ALLES sagen? Was für ein Stil ist es?
S. Warbeck: Es gibt zwei, weil Emmanuelle Bercots Figur eine Art inneren Monolog aus ihrer Sicht auf die Dinge hält. Das ist eine subtile Musik, ähnlich wie bei POLIEZEI. Für die Szenen in der Öffentlichkeit, für die Ehe und die Scheidung, gibt es eine mehr orchestrale Musik. Ich hoffe, ich erzähle nicht zu viel. Es ist mehr „echte“ Musik, strukturiert wie ein Stück Musik Es gibt also zwei total verschiedene Herangehensweisen.
S. Tsarouchas: Wie hat sich Maïwenn als Regisseurin entwickelt? Welchen Eindruck haben Sie?
S. Warbeck: Ich weiss nicht, ob ich sagen kann, es gibt eine Weiterentwicklung zwischen den beiden Filmen. Sie sind natürlich sehr verschieden. Ich habe vor ein paar Tagen in Paris mit einem Cutter gesprochen. Wir waren uns einig, dass Maïwenn Arbeit immer sehr spannend ist und real, aber nicht einfach. Das ist wahrscheinlich auch für sie nicht einfach. Sie hängt sich richtig rein, vielschichtig und manchmal mit sehr viel Leid. Das heißt nicht, dass die Filme nicht witzig sind, aber sie sind ganz eindeutig nicht oberflächlich.
S. Tsarouchas: Was machen Sie als Nächstes?
S. Warbeck: Zur Zeit arbeite ich an dem Film THE JOURNEY von Nick Hamm. Der Film spielt 2002, während des Friedensprozesses. in Nordirland. Wir nehmen die Musik Ende März auf. Das ist die nächste Arbeit, wo ich mich beeilen und die Musik schreiben muss.