S. Tsarouchas: Heutzutage haben Hollywood Blockbuster sehr viel Musik, meiner Meinung nach schon zu viel. Was halten Sie vom gegenwärtigen Einsatz von Filmmusik in Blockbustern.

Dave Porter lacht.

S. Tsarouchas: Sie brauchen nicht zu antworten.

D. Porter: Nein, nein, ich habe kein Problem damit. Jedes Projekt ist anders. Man muss immer beachten, was man damit letztendlich erreichen will. Letztendlich stimme ich Ihnen zu. Es gibt viel zu viel Musik in fast allem was für Film oder Fernsehen heutzutage produziert wird. Es gibt aber auch Projekte, die logischerweise mehr Musik brauchen als andere. Wenn das Ziel eines Projektes ist, den Zuschauer mit Nervenkitzel, Aufregung, Explosionen und Verfolgungsjagden in den Bann zu ziehen, dann gibt es da eine Rolle für mehr Musik, vielleicht auch dominante Musik. Wenn man aber ein mehr geistig anspruchsvolles Projekt hat, bei dem man sich zurücklehnt und nachdenkt, kann Musik oft mehr Schaden anrichten als Gutes tun.

S. Tsarouchas: Manchmal glaube ich, die Handlung und die Charaktere sind zu schwach. Es ist dann besser den Einsatz von Musik zu verstärken, weil es außer Action kaum was anderes gibt.

D. Porter: Sicher. Nein, ich stimme Ihnen zu. Ich hatte das Glück in letzter Zeit bei einigen Projekten mitzuarbeiten, zwar nicht immer, aber es gibt starke Projekte, von Anfang an und wenn es einen Schauspieler gibt, der sich viel Mühe gibt in einem sehr guten Drehbuch zu spielen, macht es auch Komponisten mehr Spaß (Rest wegen schlechter Leitung unverständlich, Anm.) weil wir zum Teil hoffen, dass unsere Arbeit nicht als Pflaster oder zum Übertünchen von Problemen in der Handlung oder bei der Produktion benutzt wird.

S. Tsarouchas: Kehren wir zurück zu BREAKING BAD. Gab es musikalische Vorgaben?

D. Porter: Nur sehr, sehr allgemeine. Weder mit Vince Gilligan oder den anderen Produzenten noch dem Fernsehsender wurden Einzelheiten besprochen wie z.B. welche Instrumenten oder welche Palette wird es geben. Diese Entscheidungen wurden mir überlassen. Grundsätzlich wollten wir Musik wenig einsetzen um die Geschichte zu unterstützen. Wir wollten auch vorsichtig dabei sein, damit Musik nicht zu führend wirkt. Wir haben, besonders am Anfang, ein bisschen über den musikalischen Stil. Vince Gilligan und ich wollte einen Westernstil, wie es ihn in Sergio Leones SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD gab. Filme bei denen Musik und Sound Design sehr effektiv kombiniert wurde. Das war uns bei BREAKING BAD sehr wichtig. Am Anfang glaubte ich, es wird mehr Raum für Musik des amerikanischen Südwesten geben. Die einzige Referenz dazu ist aber die Verwendung einer Resonatorgitarre. Die hört man im Thema. Ansonsten wollte ich die Geschichte in der Musik nicht an einem geografischen Ort festmachen. Für mich hat die Geschichte so viel Resonanz zu verschiedenen Leuten. Die Hauptfigur ist eigentlich ein ganz normaler Mann. Ich wollte es nicht zu einer Geschichte über New Mexico machen, sondern zu einer Geschichte, die größer und weiter ist. Das hat mich dann zu einem sehr vielseitigen Mix von Instrumenten gebracht. Meine Idee war, dass wir so einen Instrumentenmix nicht erwarte:. Instrumente aus verschiedenen Gegenden der Welt, Instrumente aus verschiedenen Epochen, das heißt die elektronischen Instrumente, die ich verwendet habe. Ganz wichtig ist auch, dass ich klassische orchestrale Instrumente nicht verwendet habe.

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S. Tsarouchas: Haben Sie alle Instrumente für die Aufnahmen eingespielt oder andere Musiker?

D. Porter: Nein, ich habe mich auf ein paar sehr, sehr talentierte Leute hier in Los Angeles verlassen. Sie haben die Instrumente gespielt, von denen ich keine Ahnung habe (lacht), wenn I viele davon über die Zeit verwendet habe. Ich habe versucht mir das Spielen bei einigen selbst beizubringen. Ich habe auch einige Instrumente gekauft, die ich interessant fand. Das gehört alles zu meinem musikalischen Lernprozess. Das war ein toller Nebeneffekt bei der Arbeit für BREAKING BAD.

S. Tsarouchas: Wie gehen Sie üblicherweise vor? Haben Sie mit dem Regisseur spotting sessions? Oder beginnen Sie mit der fertigen Episode und haben dann vielleicht drei Tage für die Musik?

D. Porter: Jedes Projekt ist ein bisschen anders. Bei BREAKING BAD war der Prozess über die Jahre eigentlich immer gleich. Ich hatte das Glück erst zu beginnen, nach dem Dreharbeiten abgeschlossen waren, wenn die Episode fertig ist. Wir hatten dann eine Spotting Session, die wir sehr, sehr ernst genommen haben. Es konnte schon mal 4 oder 5 Stunden dauern eine 45, 50 Minuten Episode Szene für Szene durchzugehen. Wir haben über jede Szene gesprochen und wir haben es zusammen mit dem Sound Departement gemacht. Meiner Meinung nach war das sehr wichtig bei BREAKING BAD. Wir hatten so viele Überschneidungen, wie wir Musik und Ton verwenden sollten, damit wir alle auf der gleichen Wellenlänge sind. Das bedeutete aber auch darüber zu reden, verwenden wir Musik oder nicht in einer Szene. Hat sie einen Nutzen oder nicht? Gibt es überhaupt Grunde dafür, in dieser Szene Musik zu haben? Falls ja, sollte es originale Musik sein, dann wäre es meine Job und wenn es ein lizenziertes Stück sein soll, fällt es unter den Aufgabenbereich des Musik Supervisors. Dann war natürlich wichtig, was sollte mit dem Musikstück in dieser Szene erreicht werden. Darüber haben wir sehr lange gesprochen.

S. Tsarouchas: Woher bekommen Sie ihre Inspiration? Schauen Sie sich erst die Bilder an und beginnen dann auf dem Piano oder Synthesizer zu spielen? Schreiben Sie vielleicht Noten auf? Wie funktioniert es für Sie?

D. Porter: Ja, das mache ich. Je länger ich diesen Job mache, bin ich sehr visuell motiviert. Ich fang also damit an, das ist ein Moment voller Angst (lacht), ich schaue mir die Szene hat, von der ich hoffe, mit der Arbeit zu beginnen. Meine erste Aufgabe sind die reinen Tempos. Ich arbeite für eine Weile mit einem Metronom und schaue mir die Szene sehr, sehr oft an um ein Tempo zu finden, das im Einklang mit der Geschwindigkeit ist, mit der der Cutter geschnitten hat und wie die Schauspieler agieren, ihre, ja, innere Uhr sozusagen, während sie in dieser Szene spielen. Ich versuche etwas zu finden, was musikalischen nur auf dem Tempo Level funktioniert. Danach in meinem Studio, versuche ich ganz viele Instrumente um mich herum zu haben und spiele auf ihnen herum. Ich gehe herum. Nehme ein Instrument, spiele darauf bis ich etwas finde, das mir gefällt. Dann nehme ich es auf. Wenn ich dann eine Idee habe, egal wie klein, generiert sie hoffentlich andere und auch wenn ich später alles wieder verwerfe, aber das bringt meinen Motor in Gang.

S. Tsarouchas: Bekommen Sie nach der Musikaufnahme Feedback von den Schöpfern der Serien und den Regisseuren? Bleibt es dann üblicherweise dabei oder müssen Sie oft die Musik ändern?

D. Porter: Nach unserer Spotting Session hatte ich eine Woche für das Komponieren der Musik. In einer typischen Woche würde ich vielleicht für vier Tage komponieren. Am fünften Tag schicke ich die Musik zu den Produzenten der Serie. Wenn ich Feedback bekomme und nehme die Änderungen vor, die sie wünschen oder die durch Gespräche entstanden sind. Vielleicht entscheiden wir uns, es gibt einen besseren Weg die Musik anzugehen. Am sechsten Tag arbeite ich an den finalen Versionen, bevor sie dann zur Tonmischung geschickt werden.