S. Tsarouchas: Sie haben für alle 62 Episoden eine originale Musik komponiert. Haben Sie vielleicht Library Music verwendet oder Stücke recycelt, die Sie in anderen Episoden nicht verwendet haben?
D. Porter: Nein, das habe ich eigentlich nie gemacht. BREAKING BAD war ein ganz besonderes Projekt für mich. Bis auf einige musikalische Motive an einigen strategischen Stellen habe ich nie ein Stück wiederverwendet. Ich habe eigentlich nichts dagegen. Natürlich habe ich das auch bei anderen Projekten gemacht. Zum Teil ist es aber so, immer wenn ich es in BREAKING BAD probiert habe, klappte das nicht. Das würde der Serie das „Rückgrat“ brechen: All diese Charaktere entwickeln sich immer weiter. Wenn ich zum Beispiel versucht habe musikalisch in der dritten Staffel auf etwas in der ersten zu verweisen, funktionierte es nicht. Das ist ein Grund warum ich es nicht getan habe. Der andere Grund ist der Respekt und die Achtung die ich vor der Serie habe.
S. Tsarouchas: Sie haben lange Zeit an der Serie gearbeitet. Hat sich Ihre Perspektive auf die Musik und die Zusammenarbeit mit den Machern der Serie geändert?
D. Porter: Ja, ich glaube schon. Das ist normal. Ich bin BREAKING BAD wirklich sehr dankbar. Über die Zeit haben sich dadurch viele Türen für mich geöffnet. Viel wichtiger ist aber, ich bin dadurch ein besserer Komponist geworden. Das liegt daran, dass ich die Gelegenheit hatte mit sehr vielen klugen und sehr, sehr talentierten Leuten zu haben. Sie haben mir viel über das Erzählen einer Geschichte beigebracht, grundlegende Sachen darüber wie man eine Fernsehserie auf die Beine stellt! Im Laufe der Zeit bekommt man natürlich ein Gefühl für die Leute und weiß, was sie erwarten. Wir kommen auch viel schneller zum gewünschten Ergebnis. Das ist aber normal, wenn man so lange mit jemandem zusammenarbeitet. Das ist eine tolle Sache.
S. Tsarouchas: Für BREAKING BAD haben Sie sich für eine Mischung aus ethnischen Instrumenten aus aller Welt und elektronischer Musik entschieden. Warum habe Sie nicht von Anfang an nur einen elektronischen Score verwendet? Vielleicht weil er billiger ist?
D. Porter: Nein, aber das wäre schon interessant gewesen. Irgendwann einmal würde ich gern einen rein elektronischen Score machen. Bei BREAKING BAD war ich aber besorgt darüber, dass eine rein elektronische Musik nicht die gleichen Gefühle erzeugt wie eine Musik, die von Instrumenten gespielt wird. Das heißt jetzt nicht, dass ich glaube, elektronische Musik kann nicht emotional sein. Ich bin sehr, sehr davon überzeugt. Es macht mir auch viel Spaß und ich bin auch stolz auf die elektronische Musik, die ich mache. Ich hoffe, es ist sehr gefühlvolle Musik mit elektronischen Mitteln und Technologie. Interessanter für mich wäre aber eine Interaktion zwischen den beiden. Das Mischen und Verschmelzen der beiden, besonders wenn der Zuschauer nicht weiß, woher der Klang eigentlich stammt, ob er von echten Instrumenten oder elektronisch erzeugt wurde.
S. Tsarouchas: Es gibt verschiedene Veröffentlichungen Ihrer Musik für BREAKING BAD, als Downloads, CDs und auch auf Schallplatte. Haben Fans der Serie einen Musikveröffentlichung verlangt oder lag es am Erfolg der Serie?
D. Porter: Es gab Nachfragen von Fans, aber das kam erst später. Ich glaube, ich habe 2006 mit der Arbeit an BREAKING BAD begonnen. Das liegt also schon eine Weile zurück. Die Serie hat wurde von Kritikern sehr gut in den USA aufgenommen. Es dauerte aber eine Weile, bis die Zuschauerzahlen immer größer wurden. Dadurch entstand mehr Interesse an der Serie, in jeder Hinsicht. Was jetzt die Musik betrifft, ich bin natürlich froh das Sony, das Studio hinter BREAKING BAD, mir die Möglichkeit gab meine Musik zu veröffentlichen. Zuerst gab es nur eine CD. Sie wurde sehr gut angenommen, dadurch kam es dann zur zweiten Veröffentlichung. Ich bin wirklich sehr glücklich darüber, das es sie für die Leute gibt, die sich für die Musik interessieren.
S. Tsarouchas: Ja, das ist eine tolle Musik.
D. Porter: Danke! In unserer gegenwärtigen Zeit ist es nicht etwas, dass sehr viel Einnahmen für Musiker generiert. Ich glaube insbesondere für Komponisten. Das liegt daran, wie sich das Musikgeschäft in der letzten Zeit entwickelt hat. Ich glaube, es ist ein gutes Aushängeschild für uns und ganz besonders, weil man dadurch mit einem so schönen Projekt wie BREAKING BAD verbunden wird. Ich bin Sony für die Musikveröffentlichung wirklich sehr dankbar.
S. Tsarouchas: Ich habe eine Frage zur Veröffentlichung der Musik auf Schallplatte. Gehören Sie zu den Leuten, die meinen, die Tonqualität auf LP ist besser als die auf CD?
D. Porter (lacht): Das zeigt jetzt aber mein Alter. Eigentlich nicht, nein. Ich war Teenager als es die ersten CD gab und ich hab sie gleich in mein Herz geschlossen. Tatsächlich gehöre ich zu den Leuten, die enttäuscht darüber sind, dass die Tonqualität schlechter geworden sind, von dem was wir so alltäglich hören. Ich höre mir viel lieber Musik von einer Schallplatte an als von MP3, aber ich habe keinen Schallplattenspieler. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die sich über die Wiederbelebung der Schallplatte freuen. Gleichzeitig freue ich mich aber darüber, dass eine Generation, die mit MP3s aufgewachsen ist eine ganz andere Bandbreite von Musik entdeckt, als das was man bei iTunes kaufen kann. Ich finde das großartig und hoffe, dass dadurch mehr Interesse an hochwertigen Musikveröffentlichungen entsteht.
S. Tsarouchas: Was ist der größte Unterschied beim Komponieren für BREAKING BAD und THE BLACKLIST?
D. Porter: Nun, das sind natürlich sehr verschiedene Serien, obwohl es bei beiden wunderbare Hauptdarsteller gibt, die schwarze Hüte tragen (lacht).
THE BLACKLIST hat generell ein viel, viel schnelleres Tempo. Dinge passieren viel schneller. Es gibt auch mehr Action und sie ist visueller. Ich glaube, meine Musik reflektiert dies. Die Tempos sind schneller. Sie ist aggressiver. Der Score versucht all die vielen Twist und Geschehnisse zu verstärken.
S. Tsarouchas: James S. Levine hat die Musik für die ersten drei Episoden von THE BLACKLIST komponiert. Für die zweite hat Daniel Licht auch zusätzliche Musik geschrieben. Warum und wann haben Sie eigentlich als Komponist übernommen?
D. Porter: Ich habe mit der vierten Episode begonnen. Das war „The Stewmaker (No. 161)“ (deutscher Titel „Stanley R. Kornish (Nr. 161)“, Anm.). Ehrlich gesagt, ich weiß nicht was passiert ist. THE BLACKLIST ist eine Serie von Sony wie auch BREAKING BAD. Das sind auch einige Leute, die ich schon seit Jahren kenne. Aus irgendwelchen Gründen war die Musik für die erste Episode nicht so ganz das, was die Produzenten sich vorgestellt haben. Sie haben dann nach anderen Leuten gesucht und ich hatte das Glück, das glaube ich wenigstens, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Ich kenne auch Jon Bokenkamp und John Davis sehr gut. Sie sind Produzenten der Serie. Ich weiß nicht, wir waren sofort auf einer Wellenlänge. Eine der schweren Sachen bei unserer Arbeit als Komponisten ist, besonders bei einer Fernsehserie wie BLACKLIST mit großem Druck, wo viel dahinter steckt, man muss sehr, sehr schnell ein Ergebnis haben, besonders am Anfang. Bei der Pilotfolge sind sehr viele Leute involviert. Sie versuchen mit den besten Absichten die Serie auf die richtige Spur zu bekommen. Das kann sehr oft ein sehr verwirrender Ort sein. Es ist auch nicht unüblich, dass Komponisten nach den ersten Episoden ausgetauscht werden. Das ist mir auch schon passiert. James Levine ist ein guter Freund und ein sehr talentierter Komponist. Es geht aber um die richtige Chemie und die richtige Kombination zur richtigen Zeit.
S. Tsarouchas: Es war also nicht schwer für Sie, da ja schon der musikalische Stil von James S. Levine etabliert war?
D. Porter: Ich habe seinen Stil schon verändert. Die Musik in den ersten Episoden passte schon. Ich glaube aber, sie war nicht so aggressiv oder dunkel wie die Produzenten erhofft haben. Ich habe natürlich die Vorlage benutzt, die das war. Ich habe sie aber geändert um sie an die Vorgaben der Produzenten und meinen Stil anzupassen. Ich glaube, als kreativer Mensch ist es sehr, sehr schwer bei einem Projekt dabei zu sein, das einen nicht anspricht. Es muss mit mir in Einklang sein. Das war schon ein wichtiges Ziel für mich als ich bei BREAKING BAD anfing.
S. Tsarouchas: So weit ich mich erinnere, gab es bei den ersten Episoden sehr viel Musik.
D. Porter: Und ich muss wieder darauf hinweisen, dass ich nicht dabei war. Ich kann nichts zu Entscheidungen sagen, die damals getroffen wurden. Wie ich schon vorher sagte, ist mein Richtschnur wann immer möglich weniger Musik zu verwenden. Wegen der Natur von THE BLACKLIST braucht sie schon mehr Musik als eine Serie wie BREAKING BAD. Ich glaube, es gibt Zeiten wo man in THE BLACKLIST sich als Zuschauer auch mal zurücklehnen muss. Die Serie muss atmen. Man kann das mit weniger oder mit subtilerer Musik erreichen.