S. Tsarouchas: Versuchen Sie musikalische Themen für die zwei Hauptfiguren, Red und Liz zu etablieren?
D. Porter: Meist arbeite ich mit einigen einfachen Themen, nicht so viel für einzelne Figuren, sondern für die Beziehungen zwischen ihnen. Ich bin vorsichtig dabei Themen zu verwenden, besonders beim Fernsehen, weil es da mehr Musik gibt und wie Leute heute Serien schauen, viele hintereinander. Ich will Themen nicht zu oft verwenden und damit langweilen. Ich mache mir große Gedanken darüber, dass sie zu offensichtlich und gegenwärtig sind. Darum verwende ich sehr oft kleine Motive oder besondere Instrumente. Bei THE BLACKLIST habe ich viel Altflöte für die Beziehung zwischen Liz (Megan Boone) und ihrem Mann Tom (Ryan Eggold) verwendet. Ich verwende mehr Viola und dunkle Streiche für den komplexen, aber warmen Grad der Beziehung zwischen Red (James Spader) und Liz.
S. Tsarouchas: Wie viel Zeit brauchen Sie um die Musik für THE BLACKLIST aufzunehmen?
D. Porter: Die ist eigentlich immer gleich. Die Serie wird wöchentlich in den USA gesendet. In der Regel habe ich höchstens eine Woche Zeit dafür. Bei THE BLACKLIST ist es oft so, dass wir sehr Nahe an das Sendedatum kommen. Ich bekomme eine Episode am Dienstag oder Montag, schreibe ein paar Tage an der Musik. Am Wochenende wird die Episode dann gemischt und am Montag ausgestrahlt.
S. Tsarouchas: Gibt es vielleicht eine Art Einfluss durch den Stil von Filmmusik, wie er zur Zeit üblich ist? Gibt es vielleicht Druck einen bestimmten Stil zu verwenden?
D. Porter: Nein. Natürlich passiert Komponisten so etwas. Besonders temporäre Musik kann für Komponisten problematisch sein, weil sich Leute an den anderen Stil gewöhnen können. Bisher habe ich aber das Glück gehabt an einigen Projekten zu arbeiten, wo ich meinen eigenen Stil verwirklichen konnte.
S. Tsarouchas: In Deutschland ist es üblicherweise so, dass viele Leute bei den Sendern, Redakteure und auch Produzenten bei der Musik mitbestimmen. Sie geben Grünes Licht. Es ist manchmal sehr schwierig. Wie ist es eigentlich bei den Serien, an denen Sie arbeiten? Mischen viele Leute vom Sender oder Produzenten mit und versuchen Sie in eine bestimmte Richtung zu drängen?
D. Porter: Das passiert natürlich auch, aber wie ich schon sagte, das geschieht meistens am Anfang, besonders bei einer Fernsehserie. Wenn eine Serie Fuß gefasst hat und erfolgreich sind, mischen sich die Leute hinter den Kulissen weniger ein. Sie haben natürlich immer noch viel zu sagen. Es unterscheidet sich auch von Projekt zu Projekt wie groß der Einfluss der unmittelbaren Produzenten in der Musik ist. Wenn sie sehr involviert sind und sie der Meinung sind, wir machen eine gute Arbeit, stärken sie hoffentlich dem Komponisten das Rückgrat und sagen zum Beispiel auch: „Nein, wir glauben, das wir die Musik richtig angegangen sind.“ und man lässt sie dann die Kämpfe austragen und schaut dabei hoffentlich nur zu. Aber um es noch einmal zu betonen, es ist sehr unterschiedlich. Am Ende des Tages bezahlt der Fernsehsender oder das Studio die Rechnungen. Sie haben ein sehr großes Interesse am Erfolg. Ich hatte das Glück bei einigen Serien zu arbeiten, bei denen es künstlerisch etwas lockerer war als bei anderen. Das ist mir sehr bewusst und ich bin dankbar dafür.
S. Tsarouchas: THE BLACKLIST hat eine zweite Staffel bekommen. Können wir eine Musikveröffentlichung erwarten?
D. Porter: Das ist eine gute Frage. Leider kann ich sie nicht beantworten. Ich hoffe es. Da ich erst später dazu gekommen bin, waren wir so beschäftigt und hatten keine Zeit über eine Musikveröffentlichung während der ersten Staffel zu sprechen. Hoffentlich klappt es aber in der zweiten, wenn genug Interesse besteht! Mir wurde es Spaß machen. Mir würde es auch gefallen, wenn auch einige Stücke der lizenzierten Musik veröffentlicht werden. Manches davon war wirklich großartig.
S. Tsarouchas: James S. Levine arbeitet bei Remote Control Productions. Hat man Ihnen angeboten da mitzuarbeiten?
D. Porter (lacht): Nein. Ich habe nie bei Remote Control gearbeitet. Ich habe da natürlich viele Freunde. Ich habe auch sehr viel Respekt vor Remote Controle, aber das stand nicht auf meinem Karrierepfad. Ich glaube, es liegt vielleicht daran, dass meine Karriere in New York begonnen hat und nicht hier in Los Angeles. Als ich dann nach Los Angeles kam, war ich älter und ein bisschen etablierter. Remote Control war einfach nicht auf meinem Radar.
S. Tsarouchas: Was fordert Sie als Komponisten am meisten?
D. Porter: Am schwierigsten als Komponisten ist immer der Anfang der Projekte. Wie kommt man mit den Produzenten auf die gleiche Wellenlänge? Wie unterhält man sich über Musik mit Leiten, die vielleicht Ahnung von Musik haben oder auch nicht? Die aber wissen, dass Musik ein sehr, sehr mächtiges Werkzeug ist, das sie verwenden um ihre Geschichten zu erzählen. Es geht darum, die erste Bindung zu schaffen. Von Angesicht zu Angesicht herauszufinden, wie kommen wir schnell ans Ziel und so wie wir es auch besprochen haben. Es geht darum sich die Zeit zu nehmen dieses Verhältnis und diese Beziehung herzustellen. Immerhin ist es ganz anders ein Komponist für Fernsehen oder Kino zu sein, als ein Popstar oder Komponist von Kammermusik. Der Unterschied ist der Prozess der Zusammenarbeit. Es ist eine Kunst, die darauf beruht. Man muss sehr gut miteinander arbeiten können. Man muss seine Stärke für das größere Ziel einbringen können. Hoffentlich erschafft man etwas, dass sehr resonierend ist. Wenn man viel Glück hat, ist es auch künstlerisch.
S. Tsarouchas: Würden Sie gern Musik für ein Spiel schreiben?
D.Porter: Das ist eine interessante Frage. Bisher wurde ich noch nicht angesprochen und weiß auch nicht sehr viel darüber. Ich spiele nicht selbst. Ich bin natürlich mit Videospielen aufgewachsen, aber die waren doch schon ganz anders als die heutigen Computerspiele. Ich gebe nicht vor viel davon zu wissen, aber ich nehme die steigende Popularität und ihre Wichtigkeit war. Wenn das richtige Projekt kommen und mich interessieren würde, würde ich es sehr gern machen. Es wäre eine sehr interessante neue Herausforderung für mich. Was ich nicht gerne hätte, wäre eine Situation in der ich Musik nur als Füller erschaffe. Ich nenn das „music by the pound“, so schnell wie möglich das nächste Stück, weil man technische Vorgaben erfüllen muss, egal ob es ein Spiel oder etwas anderes ist. Ich glaube, so etwas würde mich nicht interessieren. Ich glaube, dass sich Spiele rasch weiter entwickeln. Es dauert nicht lange oder vielleicht gibt es auch schon eine sehr kreative Rolle für Musik in Spielen.
S. Tsarouchas: Was machen Sie als nächstes? Ich habe gelesen, dass Sie Musik für eine andere Serie schreiben.
D. Porter. Ja, das stimmt. Einer meiner Freund und Kollegen von BREAKING BAD, eine der Drehbuchautorinnen Moira Walley-Beckett hat ihre eigene Serie bekommen. Sie wird bei dem Pay-Kanal Sender Starz ausgestrahlt. Ich habe gerade mit der Arbeit daran begonnen. Die Serie heißt FLESH AND BONE: Es geht darin über Balletttänzer in New York. Die Serie hat einen sehr dunklen und nicht so netten Ansatz. Moira war früher eine professionelle Tänzerin. Sie kennt diese Welt sehr, sehr gut. Das ist ein faszinierendes Projekt. Sie haben in erster Linie nicht professionelle Schauspieler genommen, sondern professionelle Tänzer, die auch schauspielern können. Das ist wirklich ein sehr, sehr faszinierendes Projekt. Für mich ist es natürlich auch als Komponist sehr interessant. Ich komme zu Orten, die sehr verschiedenen von denen sind, bei denen ich war. Zum Beispiel will ich keine Synthesizer (lacht) verwenden, sondern wahrscheinlich nur Streicher und Holzblasinstrumente.
S. Tsarouchas: Das klingt großartig. Werden Sie ein Orchester verwenden oder nur ein paar Musiker und den Score zu hause in Ihrem Studio aufnehmen?
D. Porter: Ich glaube, irgendwie wird es in der Mitte sein. Ich glaube nicht, dass das Budget ein sehr, sehr großes Orchester erlauben wird. Es ist auch nicht unbedingt erforderlich, weil es eine sehr persönliche Geschichte ist. Es ist ein sehr, sehr persönliches Drama. Wahrscheinlich ist ein kleines Kammerensemble die beste Wahl. Es wäre aber zu groß um es bei mir aufzunehmen, aber nicht so groß, dass wir jetzt eine große Konzerthalle brauchen oder so.